Alaskarundflug
Rettungsaktion
Der Yukon
...und nur der Horizont war die Grenze
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Rettungsaktion
Der Yukon
Super-Cub Daten
Boote (im Aufbau)

Der Yukon
...und nur der Horizont war die Grenze
Flying the Arctic
Von Alaska nach Neufundland
Wintergeschichten (in Vorbereitung)

Alle DVDs werden mit der Zeit auch in Englisch angeboten.
Bitte Nachfragen.

Alaska, ein weites Land

Der Ruf der Wildnis

Himmel! Die Maschine flog nur mit 40 mls/h kurz nach dem Take-Off über die Baumwipfel, obwohl die Cub nur leicht beladen war. Fast schmerzlich waren die 44“ Pitch des neuen Borerprops zu merken. Ich hatte mir diesen kurzfristig kaufen müssen, ohne die Wahl einer flacheren Steigung zu haben. Den alten Propeller mit 40“ Steigung hatte ich acht Tage zuvor bei einer Landung auf einem nicht unterhaltenen Airstrip eines Freundes mit Q-Tips versehen, sprich die letzten 10cm der Spitzen waren nach vorn gebogen. Zu faul zum Laufen, bin ich die letzten 20m in kniehohem Gras langsam weitergerollt, und –frrrup- war der Wurzelarm eines vom Frühjahreshochwasser des Yukon eingeschwemmten Tannenstubben einige Zentimeter kürzer und so auch mein Prop. Eine kleine Metallsäge schaffte Abhilfe . Genau 3“ wurden auf beiden Seiten des 82“ langen Propellers abgesägt. Der Statikrun war zwar etwas hoch, aber noch weit genug von der Max RPM-line entfernt, um einen Take-Off zu wagen. Der Take-Off war auch dementsprechend kurz. Ich mußte aber sofort nach dem Aufstieg den Motor drosseln, da er sonst überdreht hätte. Bis Fairbanks hing dann die Cub bei 75mls/h wie eine überfette Gans in der Luft. Wäre ich den offiziellen Weg gegangen und hätte mit dem ELT über Satellit Hilfe gerufen, hätte mich diese simple Sache Tausende von Dollars gekostet. Mit Bordfunk jemanden um Hilfe zu rufen, hat nur an den wenigsten Stellen in Alaska Sinn, da die „Remote Communication Outlets“ (sog. Außenrelaisstationen) sehr weit voneinander entfernt und meistens nur in Höhe erreichbar sind. Buschfliegen pur! Aber ich wollte es ja so haben! Nachdem ich 17 Jahre lang den Nordosten Alaskas mit dem Boot und zu Fuß jagdlich durchstreift hatte, setzte mir mein Freund Bill Straub, ein Trapper, bei einem Frühstück den Floh in den Kopf, eine Pilotenlizenz zu erwerben, um etwas mehr von Alaska zu sehen. „Gefloht“, getan: 1988 machte ich innerhalb von sechs Wochen meine PPL in Fairbanks. Da mein Fluglehrer , ein 23 Jahre junger Mann , wußte, daß ich Buschfliegerei betreiben wollte ,hat der mich entsprechend gedrillt ( dieser Mann fliegt heute F-16s) .

Ein Jahr später kaufte ich mir eine PA-18-105 Special, modifiziert mit Klappen und einem 150 PS Motor. Bill meinte, wenn schon Flugzeug, dann Super-Cub! Und somit begann für mich eine neue ereignisreiche Zeit. Wie jeder Anfänger hatte auch ich meine schmerzhaften Erfahrungen gemacht, und ich befinde mich auch heute noch in einem interessanten Lernprozeß. Ich festigte mit der Zeit mein Landekönnen so weit, dass ich innerhalb von 120m mein Flugzeug, wenn nötig mit 100% iger Sicherheit landen konnte. So war jeder Platz von 140m Länge und mehr für mich ein sicherer Landeplatz. Aber dieser Take-Off von meiner kleinen 140m langen Sandbank am Little Black River trieb mir doch die Faust in den Magen. Der Propeller musste unbedingt runtergepitcht werden.

Die Betriebe dazu waren aber in Anchorage ansässig. Ohne es zu wissen, war die nächste Buschlektion fällig. Die Wetterberatung des FSS Fairbanks sagte gutes VFR-Wetter voraus, mit eventuell etwas Nebel bei Chulitna-Lodge. Na ja! Eventuell! Die Wolkengrenze bei McKinley und Windy Pass lag, wie vorhergesagt, bei hohen 5000 Fuß , bei Igloo 40 Minuten später aber 100 Fuß AGL niedrig, auch wenn die Sicht drei mls und mehr betrug. Wie die Oldtimer machte ich Konturfliegen, sprich: Du fliegst unter oder kurz über den Baumwipfeln entlang den Bodenkonturen nach. Der Chulitna River war dann eine willkommene „Flugrinne“, auch wenn die Windungen z.T. abenteuerlich waren. Trotz gedrosselter Fluggeschwindigkeit auf 70-75 mls/h flogen Bäume und Felswände recht schnell an mir vorbei. Magenschmerzen bereitete mir nur das entgegenkommende Geflügel, wie Enten, Gänse, Schwäne , die als kleine schwarze oder weiße Punkte auftauchten und links, rechts, oben und unten an mir vorübersausten.

Da tauchte in der Ferne eine solide Felswand auf. Der Canyon bog im 90° Winkel nach links weg. Die 90° Kurve machte mir keine Sorgen, Aber was war danach? Ich hatte keine Lust, die Steine zu knutschen. Eine Depression mit einer Wolkendecke von vielleicht 30 Fuß nahm ich sofort wahr, um eine 180° Umkehrkurve zu machen. Ich tauchte in den Canyon zurück und flog diesen ca. 3 mls zu einer Stelle zurück, an der das Flussbett von ca. 200 m auf 5-600m auseinander ging und landete dort auf einer 130 m langen fels- und schwemmholz- freien Geröllfläche. Als ich dann ausstieg, um Pause zu machen und meinen Hamburger mit einer Cola im Regen zu essen, hatte ich recht weiche Knie.

Beim Weiterflug eine Stunde später mit höherer Wolkendecke zeigte sich, dass mich mein Instinkt nicht betrogen hatte. Der Canyon bog nach dem Knick 270° nach rechts ab! Das hätte ich mit großer Wahrscheinlichkeit nicht geschafft. Also, wenn die Wetterberatung dir eventuell Nebel, Gewitter oder sonstige Unannehmlichkeiten voraussagt, setze sie in Alaska als gegeben voraus! Wir fliegen in Alaska anders als in Europa. Die Fliegerei ist fast immer Sicht und viel „Konturbezogen“, z.T. in unmittelbarer Bodennähe. Hier hast Du gutes Wetter, gute Sicht. Du fliegst um die nächste Ecke, ins nächste Tal und aus. Der 180° Umkehrschwung und das Merken überflogener Landemöglichkeiten ist ein Muß in der Buschfliegerei.
Den Propeller in Anchorage von 44“ auf 40“ „umbiegen“ lassen war in vier Stunden getan. Beim Take-Off von Lake Hood war ich nach 60m in der Luft und stieg leicht beladen mit mehr als 1000 Füßchen. Cruise war allerdings keine 115mls/h mehr, sondern nur noch moderate 90 mls/h bei 2550 RPM. Jetzt war mein roter Bomber wieder bereit, um meinen geplanten Alaskarundflug mit mir zu machen.

Am Tag vor dem Abflug wurde die Ausrüstung noch ein letztes Mal gecheckt. Campingausrüstung, Lebensmittel, Kleidung, Waffen, Angelgeräte, Kartenmaterial, Werkzeuge und vieles mehr wurden im Flugzeug verstaut.

Am 2. 9 .1992 morgens vor dem Abflug wurde ich von einer Bärenfamilie in meinem Camp geweckt. Ein putziges kleines Bärenjunges guckte neugierig in mein Camp. Nicht sehr angenehm, denn Mutterbär war keine 15 m entfernt .Mein Gebrüll hinterließ jedoch Gott sei dank einen sehr fluchtartigen Erfolg . .

Von meinem Camp flog ich nach Circle zum Tanken. Inzwischen war es schon recht spät geworden. „ Keep on going“, sonst kommst du überhaupt nicht weg. Das unvermeidliche „jacking“ (Tratschen) mit Freunden kostet halt Zeit. So war mein erstes Camp nach nur 1 ¼ Std. am Black River auf einer mir genehmen Gravelbar (Schotterbank) errichtet. Ich war kurz vor einer großen Regenbö gelandet und hatte mein Zelt gerade aufgebaut, als es auch schon zu gießen begann. Da ich Urlaub hatte, ging ich es „easy“ an. Ich schlief lang .

Beim Weiterflug nach Bettles legte noch ich einen kleinen Zwischenstop an der Mündung des Sheenjik Rivers und landete auf einer der schönen großen Schottenbänken des Porcupine River für eine Angelpause ein. Doch die Fische bissen nicht . Also ging es weiter.
Ich hatte keine festen Reisepläne. Einfach immer der Nase nach, dorthin wo das Wetter und das Land schön sind. Bettles als „ Gate to the Arctic“ war verlockend. Der Flug dorthin ging bei herrlichem Wetter über die unzähligen Seen der Yukonflats und einem der Ausläufer der Ray Mountains.

Mogas war 2.--/gls, 100LL war 3.--/gls teuer. Der Wetterberater beim Flight-Service riet mir ab, wegen der niedrigen Wolkendecke von 50´-100´ über der North-Slope durch den Anaktuvuk nach Pruedoe Bay zu fliegen. Turbulenzen in den Bergen O.K. . Aber 50´-100´ Fuß Ceiling auf der ganzen Slope bis zum Eismeer war nicht das, was ich mir unter stressfreiem Fliegen vorstellte. Ein Einwohner von Bettles gab mir den Rat, nach Westen zum Pah River, der in den Kobuk River mündet , zu fliegen. Dort wäre eine gute Stelle, um im Kobuk auf Sheefish (Salmonidenfisch kommt nur an der Behringsee vor) zu angeln. Also driftete ich weiter.
Der knapp eine Stunde dauernde Flug ging etwas „bumpy“ an den südlichen Ausläufern der Brooksrange über die Wasserscheide des Koyukuk/Kobuk Rivers . Schon beim Anflug auf die vorgelagerte Insel sah ich ein Wasserflugzeug und ein Riverboot auf dem Fluß.

Um Löcher im Ufer, großes und kleines Schwemmholz und besonders die dunklen verräterischen Flecken nasser weicher Stellen auszumachen, überflog ich die ausgesuchte Schotterbank auf der Insel mehrere Male, bevor ich aufsetzte.100m betrug der Landeweg.
Nach dem Aufschlagen des Camps ging es zum Angeln. Dabei fühlte ich mich wie auf der East Ramp Fairbanks International Airport. Zuerst landete eine Cessna 185 on Floats dann eine Cetabria GCBC on Wheels, gefolgt von einer Cessna 170 on Wheels . Und 9! Menschen waren auf meiner schönen, leeren Insel. Aber Amerikaner sind ein geselliges Völkchen. Als sie hörten daß ich ein fliegender deutscher Wanderer sei, war das Eis gebrochen. Es wurde ein feuchtfröhlicher Abend am Lagerfeuer.

Am Tag darauf war angeln angesagt. Ich fing sage und schreibe 28 Sheefische von 6-28 Pfund. Einen behielt ich und briet mir diesen zarten der Forellenfamilie angehörenden Fisch über dem Feuergrill zum Frühstück . Aber mit zulletzt fünf Flugzeugen an einer Stelle war mir dieser Fleck einfach zu „crowded“, trotz der sagenhaften Fischerei. So bin ich tags darauf weitergeflogen. Go west! Da ich durch das übliche „jacking“ spät wegkam, landete ich in Ambler erst gar nicht, sondern flog den Ambler River ein Stück aufwärts , bis ich wieder eine mir genehme Schotterbank zum Zelten fand.

Am nächsten Tag wurde ich bei aufgehender Sonne und Rauhreif auf dem Boden und dem Gebüsch von Caribous geweckt. Diese Wanderer des Nordens taten so, als ob das Camp nicht vorhanden war und zogen nur ein paar Meter an meinem Camp vorbei.
Ich brauchte Sprit; also mußte ich nach Ambler City. Beim Take-Off von der Schotterbank erhielt ich die nächste Lektion: „Presse“ den Take-Off niemals, wenn du genug Platz zur Verfügung hast. Es war ein schöner Morgen. Ich war gut drauf und wollte mit der beladenen Maschine einen 75m Start machen. Raus kam ein fast 170m Startlauf , der fast im wahrsten Sinne des Wortes in den Bach gefallen wäre. Mit 30mls/h indicated schlabberte ich mit hoher Nase über die Bäume dahin. Gott sei Dank ist die Cub extrem gutmütig.

Es war Sonntag und in dem Indianerkaff Ambler war das einzige Geschäft geschlossen und damit auch die Tankstelle. Aber die Alaskaner im Busch sind immer hilfreich, wenn man Hilfe braucht. Ein Klein-LKW-Fahrer, der gerade vorbeikam , verkaufte mir 5gls Autobenzin aus seinem Reservetank. Gut gefiltert beim Einfüllen ist das kein Problem. Da ich von Bettles mit vollen 61 glsTanks abgeflogen war, reichten die 5 gls als Reserve aus, um einen Umweg über den Noatak River im Norden zum Wullik River zu machen.

Der Flug entlang des Noatak bei CAVU-Wetter (Ceilin and Visibility Unlimited) war atemberaubend und führte über eine wellige Tundra. Erst in Küstennähe kamen wieder Bäume in Sicht. Südlich von Kivalina an der Chuckchi See mündet der Wullik River in das Meer. Die Amerikaner vom Pah River hatten mir den Tip gegeben, hier auf Arctic Char (Meersaibling) zu fischen. Schon beim niedrigen Überfliegen des Flusses waren die Fische wie kleine Reiskörnchen zu Tausenden im Fluß zu sehen.

Auf den letzten 60mls des Fluges hatte sich der Himmel zugezogen. Es herrschte ein diffuses Licht bei tiefhängender Wolkendecke. Prompt hatte ich trotz mehrmaligen Landechecks eine fast meterhohe Bodenwelle übersehen. Meine Cub machte einen gehörigen Satz in die Luft. Beim darauf folgenden zweiten Anflug hatte ich die „Eingriffe“ der Tundrareifen als Sichtreferenz zur jetzt erfolgreichen Landung.

Das Camp war wieder schnell errichtet. Das erfolgreiche Angeln bescherte mir einige über Holzkohlefeuer gegrillte Saiblinge. Dazu hallte der melancholische Chor eines entfernten Wolfrudels über die Tundra. Die Stille und Weite der Tundra war überwältigend, aber auch schon fast beängstigend.

Am nächsten Morgen ging es entlang der Küste nach Süden, nach Kotzebue. Fast 50gls 100LL gingen in den Tank. Mit 11 gls Rest hatte ich noch eine gute Reserve gehabt. Kotzebue ist eine größere Ansammlung von kleinen und größeren Häusern mit etwa 2800 Einwohnen, meistens Inuit. Hier ist auch eine der Rentierzuchten in Alaska. Die Rentiere wurden Ende des letzten Jahrhunderts aus Sibirien importiert. Der Flughafen besitzt eine große asphaltierte Landebahn und einen kleineren „Dirtstrip“. Es sind mehrere Hangars und Flugwerkstätten vorhanden, sowie lokale Fluggesellschaften. Der Flight-Service war wieder sehr gut beratend und hilfreich.
Da ich kein Interesse hatte, für teueres Geld in einem überheizten Hotelzimmer zu schlafen, flog ich den Kobuk River aufwärts, um eine Schlafstelle zu finden. Eine große Insel sah sehr einladend aus. Beim Landen unterschätzte ich den doch recht starken Seitenwind. Ich war drauf und dran, einen Ringelpietz zu machen, aber die 150PS der leichten Maschine und der flache Borerprop bügelten das lässig aus. Mir war nur etwas unwohl, bei dem nun folgenden Anflug gegen den Wind und damit gegen eine solide Wand von hohen Bäumen zu landen. Aber der Landstrecke betrug weniger als 70m. Schon beim Landecheck sah ich viele Caribous auf der Insel, und abends am Lagerfeuer hörte ich die Schüsse der Jäger von den verschiedenen Jagdcamps. „Crowded again!“

Am nächsten Morgen war wieder der Weckdienst zur Stelle . Eine ganze Cariboufamilie rannte an Zelt, Feuerstelle und Flugzeug vorbei. Über Nacht hatte der Himmel aufgezogen. Es herrschte wieder herrlichstes Wetter. Ich beschloß nach Unalakleet und Nome weiterzufliegen. Leider machte mir der an der Küste unberechenbare Nebel einen Strich durch meine Pläne. Bei Buckland auf der Seward Halbinsel zog eine ca. 3000 Fuß hohe Nebelrolle landeinwärts. Ich hatte fast volle Tanks und damit mehr als acht Stunden Flugzeit zur Verfügung. Also zog ich es vor, nach Osten Reißaus zu nehmen. Der Kurs nach Huslia war schnell gefunden. Gute En Route Checkpunkte waren auch vorhanden.

Ich war bis jetzt von Alaska schon einiges gewöhnt, aber dieser Flug war wieder ein großes Erlebnis. Ich flog zwei Stunden in gerader Linie in 200-300 Fuß über ein Gebiet, in dem ich nicht die kleinste Spur von menschlichem Leben entdecken konnte, aber zu jeder (!) Zeit Caribous oder Elche im Blickfeld hatte.

Der Flug führte mich auch über die großen Sanddünen von Huslia. Ein befremdender Anblick, eine Miniwüste in mitten von Waldflächen zu sehen. Diese Wanderdünen bestanden aus glacialem Sand und waren bis 30 m hoch.

Huslia war für mich nur ein Navigationspunkt. Die Ortschaft hat einen schlechten Ruf. Indianer hatten schon mehrmals gedroht, zwischengelandete Privatflugzeuge anzuzünden, wenn diese über Nacht bleiben würden.

Mein Ziel war Galena. Ich brauchte Sprit. Aber es war wieder zu spät. Also, wo ist wieder ein einladendes Plätzchen, diesmal am Koyukuk River? Bei 20 mls Wind setzte ich das Flugzeug auf eine trockene Schlammbank auf. Ich baute ein windfestes Camp und vertäute das Flugzeug am Boden an angeschwemmten Bäumen. Beim Abendessen erhielt ich Besuch. Ein Stachelschwein lief am Camp vorbei. Na, dann gute Nacht!

Der Morgen war nach stürmischer Nacht ruhig. Wie meistens kam ich erst um 12 Uhr in die Lüfte. Es war ja Urlaub.

Galena hat zwei Runways: Eine große asphaltierte, mit Fangseilen für die Kampfjets an den Enden, und einer kleinen Schotterpiste für solche Flieger wie mich. Ich parkte mein Flugzeug auf einer leeren Zementfläche, und ging wie sonst überall gewohnt über die Runway zur Ortschaft zum Einkaufen. Es herrschte kein Flugverkehr. Als ich denselben Weg wieder zurückkam, wurde ich von zwei Militärpolizisten in einem Jeep in Empfang genommen. Zu diesen gesellten sich noch zwei andere in einem Jeep. Wie es sich herausstellte, war Galena „Active Defense Aerea“. Die Militärzone war asphaltiert, die Zivilzone zementiert. Schilder oder Schriftzeichen waren nirgends zu sehen. Auch im Alaska Supplement gab es keinen Hinweis. Über Funk wurde der Flughafendirektor gerufen, der mich dummen Touristen erst einmal schnell in seinen Wagen nahm, um mich aus der Reichweite der MP zu bringen. Alle waren sehr freundlich, wenn auch sehr bestimmt. Ich wurde aufgeklärt und verwarnt entlassen.

Benzin war am Flugfeld offiziell nicht zu bekommen . Aus Haftpflichtgründen wurde kein Avgas privat verkauft. Da es aber weit und breit kein Benzin gab, verkaufte mir ein Flughangar doch 34 gls 100LL. Dieses wird aber von Ansiedlung zu Ansiedlung anders gehandhabt. Wahrscheinlich hat es hier in der Vergangenheit Probleme gegeben.

Und weiter ging es, um einige Erfahrungen reicher, in leichten Schneeschauern zum Kuskokwim River. Nach einer weiteren Nacht auf einer Sandbank gab es Pfannekuchen mit Kaffee zum Frühstück. Die Fertigmischungen mit „ just add water“ sind zum Campen recht gut geeignet. Mc Grath mit seinen im rechten Winkel zueinander stehenden Betonlandebahnen war der nächste Ort zum Tanken.
Mc Grath stammt, wie viele andere Flugfelder oder Landebahnen zwischen Kanada und der Beringsee, noch aus der „land and lease“ Zeit des zweiten Weltkrieges. Über diese Kette wurden Tausende von Flugzeugen nach Rußland geliefert, um an der Ostfront gegen Deutschland eingesetzt zu werden. Heute sind es gute und große Landeflächen, die zum Teil voll genutzt und unterhalten werden oder als leere Betonbahnen mit Heideröschen und Weidenschößlingen in den Belagrissen vor sich hinträumen und nur vereinzelt von Kleinfliegern benutzt werden.

Der Generalstore von McGrath war überraschend gut bestückt, was den Stellenwert des Ortes für die Umgebung anzeigte. Nur die Gallone Avgas war mit 3.80$ etwas deftig. Da ich aber nur 16 Gallonen brauchte, war es unter dem Strich nicht ganz so schlimm. Der Flight Service, wie üblich, gab mir eine sehr gute Wetterberatung. Ein Doppelhoch, das vom Norden der Kamschatkahalbinsel bis zu den Aleuten reichte, versprach gutes Flugwetter in der Wiege der Stürme und des schlechten Wetters. Allerdings bis nach Lake Clark und Illiamna waren marginal VFR angesagt, Schneeschauer und niedrige Wolkendecken. Und so war es denn auch. Ich wollte sowieso den Kuskokwim River entlang, um nicht durch die westlich davon liegenden MOA´s(Militärgebiete) Stony I und II durchzufliegen. So hatte ich genug Notlandeflächen für meine Cub unter mir. Als ich mich auf dem anvisierten VOR-Radial von Sparevohn, einem Airforce Stützpunkt, befand , drehte ich auf diesem Richtung Osten zum VOR ein. Die z.T. sehr starken Schneeschauer mit wenig Sicht hörten allmählich auf, und es wurde besser, aber das Wolkendecke ging immer weiter runter. Nachdem ich Sparevohn hinter mir gelassen hatte und auf dem „from“ Radial weiter flog, mußte ich zuguterletzt zwischen den Hügeln in den kleinen Tälern meinen Kurs suchen. Sparevohn VOR war aber so stark, daß ich noch auf überraschend weiter Distanz sogar in den Tälern Empfang hatte. Ab dem Mulchatna River war ich wieder auf mich alleine gestellt. Hier kam aber schon der Hochdruckeinfluß zur Geltung. Mit etwas Höhe kam ich fast genau an dem Punkt meiner Auffanglinie Lake Clark heraus, den ich anvisiert hatte. Zuerst wollte ich auf einer kleinen Sandbank am See landen, aber diese war einfach zu schmal und außerdem abfallend. Ich beschloß also nach Illiamna weiterzufliegen und mir nach den Tagen des Campens den Luxus eines Bettes und einer Dusche zu erlauben. Nun sind aber die meisten Hotels im Hinterland leicht gebaut und damit etwas hellhörig. Nebenan wohnten ein paar Jäger, die sich bis nach Mitternacht Jagdgeschichten erzählten. Ich, der ich die Wochen zuvor gewöhnt war, mit keinem akustische Nachbarschaft zu teilen, hatte einige Einschlafprobleme. Der Hamburger am nächsten Morgen entschädigte mich etwas. Mit 12.50$ war er zwar der teuerste, aber auch der beste, den ich in je gegessen habe. Im Flight-Service tat ein Amerikaner Dienst, der, wie sich herausstellte, in den 60ern acht Jahre in Berlin stationiert war, meiner Heimatstadt. Er sprach sehr gut Deutsch und gab mir den Rat, wenn ich die Peninsula und eventuell weiter zu den Alleuten mit dem Flugzeug reisen wollte, „then right now“ . Ein Hoch mit 32,32 Hg ist hier sehr selten und die Wettervorschau war sehr, sehr gut.
Der gestrige Flug von McGrath hatte vier Stunden gedauert und 28 Gls Sprit verbraucht, die schnell ersetzt waren. Meine paar Kleinigkeiten aus dem Hotel waren auch schnell verstaut, und weiter ging es entlang der Nordküste des Lake Illiamna, einem kleinen „Binnenmeer“. Der Ausfluß, der New Halen River, war nach einiger Zeit erreicht. Im Tiefflug war so viel zu sehen, daß die Zeit wirklich wie in besagtem Fluge verging. Eine Cub ist wie ein „ Magic Carpet“. Sie ist langsam, und man hat eine sehr gute Sicht daraus . Im Fluß konnte ich Tausende von aufwärts schwimmenden Lachsen in dem klaren Wasser sehen. An der Mündung lagen interessante Ghosttowns. Wegen Boden- und damit Bootanlandeveränderungen waren die Fischverarbeitungstätten mitsamt den umliegenden Wohnsiedlungen verlassen worden. Angelandet wurde nun in den Orten Nakneg und Dillingham.

Die Bristolbay lag jetzt vor mir. Allerdings nicht als schäumendes und tosendes Wasserungeheuer mit aufliegenden Wolken, wie ich es so oft gehört hatte . Sie war ruhig wie unsere Ostsee bei leichtem Wind. Entlang der Küste hatte ich ´mal höhere leichte Bewölkung oder Sonnenschein.

Der Hotelier in Illamna hatte mir den Rat gegeben, bis zum Cinder Creek zu fliegen . Dort gäbe es sehr gute Muschelbänke, um nach Muscheln zu graben. Ich hatte noch nie selbstgegrabene Muscheln gegessen, also wollte ich es einmal probieren. Außerdem könnte man sehr gut Beachcombing mit dem Flugzeug machen. Der Strand ist eine schier endlose Landepiste.
Auf dem fast vier Stunden dauernden Flug sah ich tote Wale und Walrösser , sowie angestrandete zerstörte Boote. Bei einem Walross waren Spuren der Größe 60 zu sehen . Zwei Braunbären hatten ihr Interessen dafür gezeigt. Wahrscheinlich waren sie aber zu satt, um das faulige Fleisch zu fressen. Sie waren aber in meiner Flugrichtung weitergezogen, ohne das Walroß anzuschneiden. Es ist schon ein lustiges Gefühl im Magen, zu wissen, daß vor nicht allzu langer Zeit zwei Raubtiere mit einem Lebendgewicht von bis zu 1000kg hier waren. Auf ein Zusammentreffen mit diesen Kraftprotzen auf ebener Erde war ich nicht sehr erpicht, auch wenn Braunbären recht friedlich sein sollen. Ich hatte dann auch das Vergnügen diese Bären eine Viertelstunde später aus der angenehmeren Position des fliegenden Flugzeugs zu sehen, zwei wahrhaftige Riesen.

Die Starts und Landungen an der Küste waren kein Problem. Wie die ganze Buschfliegerei ist auch die Küstenfliegerei eine Sache der Mund-Zu-Mund-Lehre. Es gibt nur sehr wenig hilfreiche Literatur. So muß man sehr genau hinhören und nachfragen, um hilfreiche Tips zu erhalten. Diese Fliegerei ist Grenzfliegerei. Viele „Tricks“ sind so fortgeschritten, daß sie von den erfahrenen Piloten aus Haftpflichtgründen nicht breitgetreten werden. Paßt man nicht auf, unterschätzt die Situation oder reagiert einen Bruchteil einer Sekunde zu spät, tut es weh, nicht nur den Knochen, sondern ganz besonders dem Geldbeutel. Flugzeuge sind halt nicht wie Autos zum Anhaken gemacht. „A crunch cost a bunch“ sagen die Leute. Alle Buschpiloten, die ich kenne, haben mindestens ein, wenn nicht sogar mehrere Flugzeuge geschmissen, Piloten mit Tausenden ja sogar -zigtausend Stunden Buscherfahrung oder haben irgendwo eine versteckte „Leiche“ im Keller zu liegen.

An der Mündung des Cinder Creeks lag einladend eine Hütte. “Shelter Cabin Wellcome to use“ stand auf der Tür. Die Tundrareifen waren für die Landung in dem weichen trockenen Brack hinter der Hütte wieder sehr hilfreich. Ohne diese Niederdruckballonreifen wäre diese Art der Fliegerei gar nicht möglich. Nur alleine in diesem Brack in dem diese Reifen einen flachen, kaum sichtbaren Abdruck hinterließen, hätten die Standard 8.00-6Reifen für einen sauberen Überschlag gesorgt. Das Spornrad sackte bis über die Achse weg. Um zum vorhandenen Tie-Down zu taxien, mußte ich das Höhenleitwerk voll nach vorn trimmen, um mit nicht zu großem Vordruck am Knüppel das Spornrad mit dosiertem Proppellerschub aus dem Dreck zu heben und so langsam zu rollen. An dem gefundenen Tie-Down habe ich dann das Flugzeug für die Nacht festgebunden.

Die Bristol Bay bei Sonnenuntergang lag mit leichter Dünung friedlich vor mir. In tiefem Flug zogen kakelnd und verlockend viele Ketten von Gänsen an mir vorbei, aber ich war in einem Wildschutzgebiet. So blieben die Läufe sauber, und statt eines Gänsebratens gab es Chillibohnen aus der Dose, als Nachtisch selbstgesammelte Preiselbeeren. Beim Sammeln lief mir ein Stachelschwein über den Weg. Wie das Stachelschwein in diese baumlose Gegend gekommen war, war mir ein Rätsel.

Das diese ruhig vor mir liegende See auch anders sein kann , bewiesen nicht nur die dicht an die Erde geschmiegten 5cm hohen Beerensträucherchen und Pflanzen, sondern auch das am Strand liegende Aluheckteil eines Bristolbayfischerbootes, wie auch die vielen teilweise weit ins Land gespülten kleinen Fischerboote.

Weil ich den Ofen in der Hütte nicht in Gang bringen konnte und zu faul war, mehr als notwendig aus dem Flugzeug zu pulen, war es in der Nacht recht kalt. So dauerte es am nächsten Morgen wieder recht lange, bis ich in die Gänge kam. In der Nacht hatte es etwas zugezogen, und es war etwas windiger. Bis Port Heiden betrug die Flugzeit nur knapp 40 Minuten. Aber es war wieder Sonntag, und die Tankstelle war geschlossen.
Port Heiden besteht aus einem Gravelstrip mit ein bis zwei dutzend Häusern, die über ca. 20 km² verstreut liegen. Kein Ort, um seinen Urlaub zu verbringen. Wo bekomme ich aber jetzt nach 4 ½ Stunden Flug Sprit her? Weiter nach Süden wollte ich nicht mehr. Der Himmel sah mir nicht sehr einladend aus. Zuviel Respekt hatte ich vor diesem Land, mit seinem unberechenbaren Wind und Wetter. Also wieder zurück nach Norden.

Zum Frühstück hatte ich mein bißchen Wasser aufgebraucht, und der Durst meldete sich auf dem Rückflug. Da kam mir eine kleine Bachmündung an der Küste gerade recht. Kurz vor dem Aufsetzen über der Bachmündung, sah ich die verräterische Bugwelle eines bachaufwärts schwimmenden Fisches. Die folgende Angelei mit feinem Zeug auf frisch aus dem Meer kommenden kräftigem Lachs war ein Genuß. Ich behielt einen knapp 10 Pfund schweren Fisch für das Abendbrot. Übrigens, das Wasser aus dem Bach schmeckte hervorragend.
Der nächste große Ort King Salmon mit Tankmöglichkeiten war wie Galena Militärstützpunkt. Galena war mir aber noch frisch in Erinnerung. So flog ich zu dem kleinen Küstenort oder besser Kaff Nakneg. Die Landung bei böigem Seewind, war etwas „ tricky“. Aber ich konnte meinen Tank nach 5 ½ Stunden mit billigem Mogas auffüllen.

Beim Rückflug über den New Halen River überholte ich eine schwere Barge (Frachtboot), die im Schneckentempo mit riesiger Heckwelle gegen die Strömung ankämpfte. Es war schon spät geworden. Am Westufer des Illiamnas war eine passende Landestelle schnell gefunden und das Camp aufgeschlagen. Am Lagerfeuer sitzend genoß ich den herrlichen ruhigen Abend und beobachtete die aus dem See springenden Fische. „ Gnuck, gnuck.gnuck, gnuck,gnuck….“. Was für Geräusche sind denn das nun schon wieder? Ich schaue im Schlafsack liegend aus dem Zelt und sehe ein Stachelschwein durch mein Camp laufen. Beruhigt lege ich mich zurück. Solange es nur Stachelschweine und keine Bären sind, die durch mein Camp laufen, kann ich ruhig einschlafen.

Ich wollte mir schon immer das Mt. Katmai National Mounument ansehen. 1912 explodierte der Mt Novarupta mit fast so starker Energie wie der des Mt.Krakatau im letzten Jahrhundert bei Sumatra. Das Tal der „Tenthousand- Smokes“ soll recht eindrucksvoll sein. Auf dem Weg dahin kam ich aber bei schönem Wetter in sehr starke Turbulenzen. Überall waren „Lennies“ mit darunterliegenden „Rotorclouds“ zu sehen. Ich kam beim besten Willen nicht weiter. Ich musste teilweise bis auf 50 –60 mls/h runter, sonst wäre die Struktur überlastet worden. Das Erleben von Fluglageänderungen von fast 60° in weniger als einer Sekunde fordert einen schon ganz schön. Da half nichts, ich mußte hoch und höher. Und wieder halfen mir die Kraniche. Wo die fliegen, ist es gut. Es war mir zu riskant, in mir unbekanntem Gebiet bei solchen, wenn jetzt auch glatten Winden, zu fliegen. Die großen Berge lagen ja noch vor mir. Also flog ich zurück zum Illiamna mit einem kleinen Umweg über den wegen seiner Braunbärenpopulation berühmten McNeil River. Unterwegs konnte ich in den tief unter mir liegenden Bergseen sehr schön die Wellenschattierungen der auf die Wasseroberfläche treffenden Fallböen sehen. Ich konnte mir lebhaft vorstellen, was mit meinem Flugzeug geschehen wäre, wenn ich dort unten sein würde.
Am Nordufer des Illiamnas hatte ich beim Hinflug einen kleinen See gesehen, der durch eine Landzunge von dem großen See getrennt war . In diesen kleinen See und von dort durch einen Kanal in den Illiamna floß ein Bach. Auf dem kleinen See waren einige DeHaviland Beavers und Cessna 206 auf Schwimmern gelandet. Dieser Ort war bekannt für seinen guten Bestand an Regenbogenforellen.

Im Osten dieses Teiches befand sich eine kleine Dünenlandschaft. Inmitten der Dünen, durch einige kleine Sandwälle vom Seeufer getrennt, befand sich eine zur Landung einladende Sandfläche von ca. 180m Länge. Die folgende Landung bestand in dem weichen Sand aus kurzen 50m. Das Angeln war aber nicht so gut. Die Fische bissen nur auf Fliege, und ich hatte keine. Dafür herrschte aber herrlichstes Wetter, CAVU.

Nachdem die Wasserflieger mit Ihren zahlenden Gästen den Teich verlassen hatten, um diese in ihre Hotels zurückzubringen, freute ich mich schon auf eine ruhige Nacht. Aber um 23 Uhr schaute ich nach meinem schwankenden Bomber und drehte das Leitwerk in den aufkommenden Wind. Mit einem Seil wurde dieses dann an einem Baumstamm festgebunden. Um Mitternacht war ich dann dabei armstarke, meterlange Pfähle in den weichen Sand zu rammen, die nach kurzer Zeit wieder lose wurden. Den kalten Wind, der durch meine Faserpelzjacke und dem darunter befindliches T-Shirt pfiff, merkte ich kaum. Ich hatte soviel zu tun, um mein Flugzeug am Boden festzuhalten, daß ich die knapp unter dem Gefrierpunkt liegende Temperatur nur merkte, wenn ich Pause machte, um ´mal Luft zu holen. Die laue Abendbrise war zu einem guten Sturm geworden, der mein Zelt halb auf den Boden drückte und mich zwang beim Laufen mich schräg gegen den Wind zu stemmen. Gott sei Dank wurde das Schlimmste von der Düne abgehalten. Dieser Sturm kam von einer Druckrinne zwischen den beiden Hochdruckgebieten mit 55 Knoten Wind, wie mir später gesagt wurde. Keiner hatte diese Rinne für voll genommen. Gegen morgen ebbte der Sturm genauso schnell ab, wie er begonnen hatte. Um die Mittagszeit war es fast windstill, was mir auch nicht recht war. Ich hatte eine Startbahn mit weichem Sandboden und hätte etwas Wind als Starthilfe gebrauchen können.
Ich machte mir auf der ca.180m langen Bahn eine „go, no-go“ Marke, bis zu der ich Lift haben oder abbrechen mußte. Beim Start mit der ersten Raste Klappen brauchte ich fast 50m, bis das Spornrad aus dem Sand kam. Dann ging alles sehr schnell. Ich nutzte aber trotzdem die vollen 180m aus. Als ich dann die Klappen voll reinlegte und rotierte, ging meine Cub fast wie ein Helikopter in die Luft. In Illiamna wurde aufgetankt, und der Flug ging weiter nach Wassilla bei Anchorage.

Dieser Flug war wieder traumhaft schön. Er führte nach Norden über den blauen Lake Clarke. In 3000 Fuß Höhe folgte ich dem Seetal. Von den Seiten mündeten mit Gletschern gefüllte kleinere Seitentäler in das Haupttal. Daß dieses eine stärker beflogene Flugrute war, sah ich an den unter mir mich überholenden Flugzeugen. Nach einiger Zeit lag der sonst nebelverhangene Lake Clarke Pass als kleiner von West nach Ost verlaufender Einschnitt unter mir, und ich war an der Küste.

Auf dem Cook Inlet waren in der Ferne Ölbohrinseln mit ihren Gasfackeln zusehen. Ich landete nach fast vier Stunden auf einem kleinen Flugfeld unmittelbar hinter dem Haupteinkaufszentrum in Wassilla. Hierher fliegen viele Leute aus dem Busch zum Einkaufen, wie andere mit Ihrem Auto zum Einkaufen fahren.

Lloyd Webber, mein Motormechaniker, war sehr erfreut mich wiederzusehen. Sein Sohn, ein Angestellter beim Fish & Game, war auch Pilot. Und so verging der Abend fast zu schnell mit Fachsimpeln über Flugzeugmotoren und Erfahrungsaustausch in der Buschfliegerei.
Mein Plan war, am nächsten Tag über den Knik Gletscher bei Palmer zum Prince William Sound zu fliegen. Ich wollte in Cordova oder Valdez einen Freund besuchen, der die Küstenfischerei betreibt. Über dieser Gegend lagen aber zwei kleine und sehr aktive Tiefdruckgebiete.

Beim Anflug auf den Knik Gletscher in 9000 Fuß steigend, kam ich in die ersten Turbulenzen. Zudem sah es in der Ferne hinter dem Gletscher alles andere als einladend aus. Es war vorauszusehen, daß ich mit Sicherheit in IMC einfliegen würde. Warum also das Glück unnötig strapazieren? Niemand drängte mich oder wartete auf mich. Ich hatte volle Tanks und nach Norden Richtung Fairbanks war das Wetter sauber.

Der Kurs war schnell fest, und in 9500 Fuß ging es bei fast ruhiger Luft über die verschneite Alaska Range in drei Stunden nach Fairbanks . In Fairbanks lagen schon 15-20 cm Schnee. Es hatte am 15. September geschneit, und der Schnee sollte bis zum nächsten Frühjahr liegen bleiben.

Als ich Webber noch einmal anrief, wies er mich darauf hin, welches Glück ich gehabt hätte. Der Mt.Redoubt war ausgebrochen und hatte wieder viel Asche in die Luft geschickt. Wochen zuvor hatte ein anderer Ausbruch des Vulkans bei einer Boeing 747 alle vier Triebwerke lahmgelegt. Vor dem Aufprall gelang es der Besatzung aber dann doch noch die Turbinen wieder zu starten, so daß alle wohlbehalten nach Anchorage zurückfliegen konnten. Die Triebwerke waren jedoch Schrott, und die Maschine war von dem recht groben Sandstaub gut sandgestrahlt worden und überholungsreif.

Einen Tag länger in der Anchoragegegend hätte meine Reiselust für mehrere Tage sehr gestört. Ein Weiterflug in der mit Sandasche geladenen Luft wäre nicht möglich gewesen.
Ich landete dann zwei Tage später nach weiteren zwei Stunden Flug gen Norden auf meiner kleinen 120m langen Geröllbahn am Little Black River. Hier lag der Schnee nicht so hoch, und der Wind hatte zudem die Fläche etwas freigeblasen, so daß keine Landeprobleme auftraten. In Fairbanks hatten diese 20 cm Schnee ein Flugzeug auf dem Chena Marina Airpark beim Landen kopfstehen lassen.

So endete mein 14 Tage und 44 Flugstunden dauernder Alaskarundflug. Die verbleibenden Tage verbrachte ich in meinem geheizten Camp. Die Temperaturen gingen schnell auf –20° C in der Nacht zurück. Da ich keine Heizmöglichkeiten für meinen Flugzeugmotor im Camp hatte, mußte ich immer auf wärmere Nachmittagstemperaturen warten, um nach Circle zum „jacking“ fliegen zu können. Eine Woche später brachte mich dann der „Große Flieger“ nach Deutschland und neuen Träumen für das nächste Jahr zurück.

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