Alaskarundflug
Rettungsaktion
Der Yukon
...und nur der Horizont war die Grenze
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Alaskarundflug
Rettungsaktion
Der Yukon
Super-Cub Daten
Boote (im Aufbau)

Der Yukon
...und nur der Horizont war die Grenze
Flying the Arctic
Von Alaska nach Neufundland
Wintergeschichten (in Vorbereitung)

Alle DVDs werden mit der Zeit auch in Englisch angeboten.
Bitte Nachfragen.

... und nur der Horizont war die Grenze

So lange ich die Länder Kanada und Alaska bereite, und das sind jetzt mehr als 30 Jahre, hatte ich immer das starke Bedürfnis gehabt zu sehen, was sich hinter der nächsten Ecke oder dem nächsten Berg befindet. Die Super Cub mit ihrer “Low-End High-Performance“ als klassische Buschmaschine gab mir die Möglichkeit, im Tiefflug fast überall lang zu fliegen und zu landen und somit die Weiten des Nordens zu erforschen. So auch diesmal.
70 Knoten Wind in 6000´meldete die 737 der Alaska-Airline keine 15 mls westlich von Fairbanks. Der vom Flight Service gemeldete “Low-Level-Jetstream“ kündigte sich recht ruppig an. Ich war schon recht froh, , daß ich mich so beeilt hatte, schnell in die Luft zu kommen.
Es war der 10. Juli, und ich war wieder auf dem Weg in das große Unbekannte. Meine Cub hatte ich mit meiner für die Arktis benötigten Camping- und Survivalausrüstung vollgestopft. Mit bis zum Rand vollen 230 Liter Long-Range-Tanks flog sich die sonst so quirlige 180PS Cub wie eine fette Gans. Weit, weit im Nordosten lag Nunavut, der neue Inuit-Staat in Kanada. Dessen arktisches Archipelago war mein vages Ziel.
Die Vorläufer des Sturmes trieben mich schnell nach Dawson. Dort sorgte eine junge Zöllnerin für eine unterhaltsame und schnelle Abfertigung. Für 25 can. $ bekam ich auch anstandslos eine Waffenlizenz für mein Gewehr. Und so stand mir nun die Weite Kanadas offen.
Aufgetankt bei herrlichstem Sommerwetter flog ich zu meinem ersten Übernachtungsstop in Mayo, das schlechte Alaskawetter weit hinter mir lassend.
Am nächsten Morgen marschierte ich vom Flughafen hinunter zu dem Städtchen am Stewart River. Mayo würde ich als ein Rentnerstädtchen bezeichnen, gepflegt und ruhig. Die sommerliche Hitze hier im Yukon Territorium trieb mir bei dem jeweiligen halbstündigen Marsch den Schweiß ganz schön auf die Stirn, aber ich brauchte dringend eine kanadische Telefonkarte zum billigeren, besonders aber zum einfacheren Telefonieren in diesem Land.
Bei schönstem Wetter ging es dann weiter nach Faro, allerdings mit einem kleinen Abstecher zum Pelly River. Immer auf der Suche nach etwas neuem und besonderem, wollte ich durch den Canyon der Pelly Rapids fliegen.
Immer schön langsam, dicht über dem Wasser durchflog ich die verschattete steile Tiefe des Flußeinschnittes. Schon von weitem war ein großer Felsen zu sehen, der einsam wie ein Monolith mitten in dem quirligen Wasser stand, das links und rechts von steilen Felswänden eingezwängt war. Mit der Cub die Mäander auszufliegen, gab mir das Gefühl wie mit einem Speedboot über die Riffels zu gleiten. Pure Erlebensfreude kam in mir auf. Und so ging es den Pelly weiter hoch, an dem Faro mein nächster Tankstop lag.
Ich war etwas spät dran, aber der CARS-Mann (Community Aerodrom Radio Station) hatte keine Probleme, seinen Dienst für mich um 30 Minuten zu verlängern, damit ich wieder volle Tanks hatte.
Es war jetzt 6 Uhr abends. Auf der Karte hatte ich ein kleines einsames Flugfeld Sheldon Lake ausgemacht. Als ich in der abendlichen Sonnenuntergangsstimmung ankam, war dieser entgegen der Info im kanadischen Supplement ausgekreuzt. Meine Erkundungen im Tiefflug zeigten, daß der Strip aber ansonsten in sehr gutem Zustand war. Und da hier keiner alles so genau nimmt, solange nichts passiert, bin ich einfach gelandet. Sheldon Lake an der Canol Road war einer der vielen kleinen ins Nichts gehauenen Aerodrome aus der hauptsächlich mit Kolbenmotor betriebenen Luftfahrtzeit. Jetzt werden solche Strips nicht mehr benötigt und wachsen langsam zu.
Ein Platz genau nach meinem Geschmack. Natur pur. Nur in einer Hinsicht etwas zu pur: Mücken. Mann, haben die beim Zeltaufbau trotz Insektenrepelends genervt.
Der nächste Morgen war wie Seide: Kristallklarer blauer Himmel, leichter Wind und die richtige Temperatur. Alles perfekt um den South Nahanni zu befliegen.
Es dauerte eine Weile, bis ich über die Wasserscheide in das South Nahanni Tal einflog, über eine Berglandschaft mit weiten Tälern, deren Flanken noch mit Schneefeldern bedeckt waren. Die morgendliche Sonne, der klare, blaue Himmel und die Sicht mit den scharfen Schlagschatten gaben allem eine surrealistischen Touch. Hinzu kam noch das Gefühl der unabhängigen Einsamkeit, oder sollte ich besser Freiheit sagen?
Ich hatte nicht nur Zeit sondern auch viel Sprit, und so kurvte ich forschend durch die Seitentäler zwischen hohen z.T. schneebedeckten steilen Bergen herum.
Der Hammer kam aber, als ich mich den Virginia Falls näherte. Flußaufwärts waren diese zunächst nur als Wildwasserband zu sehen, dem ich im Tiefflug folgte.
Unter mir schäumte das Wasser links gegen eine Felswand und vor mir gegen einen einsam im Wassernebel stehenden riesigen Felspylon. Ich dachte schon, ich müsste nach oben ausweichen, als der weiße Schaum rechts neben mir in der Tiefe verschwand.
Mein Gott, welch ein Wasserschlund war das, in den ich da tauchte. Ich musste einfach umkehren. um dann von flussabwärts aus in den Kessel gegen den etwa 90 Meter hohen Wasserfall zum Filmen und Fotografieren zu fliegen. Wohl wissend –sollte ich zu tief fliegen - von den durch die fallenden Wassermassen generierten starken Fallwinden erfaßt zu werden. Von hier an hatte der Fluß sich in Jahrmillionen 200-300 und mehr Meter steil in das Gestein eingesägt. Die Wände zeigten eine durchgehende lebhafte, geologische leicht wellige Bänderung, die bei dem sonnigen klaren Wetter den Eindruck moderner Malerei vermittelte
Ich konnte nicht anders als in 10-100 Meter über dem Fluß entlangzufliegen, je nachdem, wie weit der Canyon einsehbar war oder eine nicht einsehbare Kurve vor mir lag. Immer darauf bedacht nur auf einer Seite des Tales zu fliegen und somit immer Platz für den 180° Turn zu haben, für den Fall der Fälle.
Daß ich nicht so daneben lag, zeigte eine lange gerade Strecke, an deren Kopf der Fluß „endete“. Also hochsteigen. Aus sicherer Höhe sah ich das Wasser im rechten Winkel durch einen 100 Meter breiten V-Spalt der ca. 400 Meter hohen Felsmauer durchbrechen.
Der Teufel biß mich wieder: Nach einigem Kurven hatte ich die richtige Position und beflog in halber Höhe dieses „Tor“. Aber welch ein Anblick bot sich mir, als ich hindurch war. Scharf bog der Felsen nach rechts weg. Unwirklich, wie ein sonnenbeschienener Kessel eines Burginnenhofes mit einer riesigen bunt bebänderten Wand, welche hinter der nächsten Biegung verschwand.
Ich war wie berauscht von diesem plötzlichen Anblick, einfach unvorbereitet. Leider ist eine Cub, so langsam man diese auch fliegen kann, immer noch zu schnell, um solche Momente länger als für kurze Augenblicke genießen zu können.
Über drei Stunden auf diese Art konzentriert durch solch eine Märchenwelt zu fliegen, ermüdet jedenfalls.
Da kam das Ende der Berge gelegen, wenn auch schon fast abrupt. Und vor mir in der blauen Sonnenglast lag die Weite des kanadischen Horizontes, der in meiner Einbildung bis zum Atlantik reichte.
Es war heiß und Nahanni Butte kam mir gerade recht für eine Zwischenlandung, um mir eine eisgekühlte Cola zu kaufen.
Nach dem kurzen Zwischenstop in dem kleinen Indianerdörfchen landete ich zum Übernachten auf einer riesigen Sandbank des Liard Rivers, in den der South Nahanni einmündete.
Hinter meinem Zelt befand sich eine kleine ca. zwei Fuß tiefe Pfütze, der Rest eines sandigen Altarmes mit lauwarmem Wasser, das zum Baden einlud.
Um aber in das Wasser zu kommen mußte ich meine weiche alabasterweiße Haut den blutrünstigen Mücken und Pferdebremsen darbieten. Es verstand sich von selbst, daß der Wechsel Kleider-Wasser und später wieder zurück sehr schnell vonstatten ging. Trotzdem sah ich danach aus, als ob ich die Beulenpest hätte. Aber erfrischend war es trotzdem!
Der Aerodrom Ft. Simpson ist eine aus dem 2.Weltkrieg übrig gebliebene zementierte über 3000´lange Landebahn,
Ich wollte von hier über das flache Hornplateau nach Wha-Ti, aber die 4-5 sich in Sichtweite aufbauenden riesigen Gewitterzellen änderten meine Meinung über ein Weiterfliegen. Selbst die sehr gute Wetterberatung konnte mir auf dem Schirm nicht für den folgenden 3-400Kilometer langen Flug über die sommerlich aufgeheizten Wälder sagen, wo überall sich Zellen befanden. Und mein Respekt vor Gewittern war jedenfalls sehr groß.
Meine leichte Enttäuschung wurde aber schnell beseitigt, als eine „funkelniegelnagelneue“ DC-4 der Buffalo-Air an mir vorbeirollte, und ich die Arbeiten an dieser Maschine beobachten konnte.
Am nächsten Morgen verschwanden die von der Nacht noch übrig gebliebenen Regenzellen dank der Sonne recht schnell, und so war der Flug mit einer Zwischenlandung in Wha-Ti bis Game-Ti über dieses riesige seenbedeckte flache Land ereignislos.
Nachdem ich nach verbrachter Nacht auf dem Aerodrom von Game-Ti meine Campingausrüstung wieder verstaut hatte, flog ich weiter nach Deliné am Great Bear Lake. Von dort den Great Bear River hinunter Richtung McKenzie River, wieder auf der Suche nach einem Platz zum Übernachten.
Bis hierher war das Land platt und fast anhaltslos. Ich bekam einen riesigen Respekt vor den alten Buschfliegern, die dieses Land ohne GPS nur mit Koppelnavigation per Uhr, Karte und einem hier oben recht ungenauen Kompaß beflogen; denn nicht alle NDBs reichten weit, und meistens war gar keines vorhanden.
Der fast zugewachsene verlassene Bennet-Strip am Great Bear River kam mir so gerade recht.
In der sommerlich warmen Stille war das Zelt wieder schnell aufgebaut, und ich unternahm einen mehrstündigen Ausflug zum Fluß hinunter.
Dieser „Spaziergang“ machte mir aber wieder einmal deutlich, dass man in der Wildnis wie in der Luft, scharf auf seine Orientierung zu achten hat , und wenn es auch nur alleine die Sonne war, über die ich mit der Hilfe der Uhr den Norden bestimmen konnte.
Der Weiterflug nach Norman Wells in diesem herrlichen Juliwetter, jetzt über dem riesigen McKenzie River war jedenfalls sehr entspannend.
Schon von weitem waren die im Fluß liegenden künstlichen Ölförderinseln von Norman Wells auszumachen.
Norman Wells ist hier so etwas wie ein Hauptverkehrs- und Versorgungsknoten im North-West-Territorium, mit einer fast 2 Kilometer langen Landebahn.
Während meines Tankstops kam eine Hercules der kanadischen Air Force herein. Es war eine SAR-Maschine auf einem Übungsflug. Der Einladung des Herc-Commanders, mich einmal auf den linken Sitz im Cockpit zu setzen, ließ ich mir nicht entgehen. So lernte ich ganz nebenbei, daß SAR in diesem riesigen Land mit Maschinen wie dieser hier getätigt wird. Die bis zu 12 Stunden in der Luft fliegenden Ungetüme sind mit vier und mehr Containern bestückt, in denen für jedes in Kanada vorhandene Klima Survival- und Rettungsausrüstung vorhanden waren. Diese wird, nachdem Fallschirmspringer vor Ort gezielt gelandet sind, abgeworfen. Später folgen dann die Hubschrauber.
Wieder mit vollen Tanks ging es weiter den McKenzie hinunter, auf der Suche nach einem anderen alten Aerodrom für die Nacht. Doch dieser war diesmal total zugewachsen. Aber wozu hatte ich eine Cub mit Tundrareifen und der McKenzie so viele große, schöne, wenn auch raue Kiesbänke?
Eine große windoffene und somit hoffentlich mückenfreie Schotterbank lud zur Landung ein. Mit zum Teil bis kopfgroßen Steinen und ziemlichen Bodenwellen mußte meine Cub wieder ein mal zeigen, wie hart und wozu sie fähig war. Mit knapp 10% über Abrissgeschwindigkeit, leicht motorunterstützt flog ich mit achterlichem Seitenwind an (ging nicht anders). Langsam kam die Nase hoch, und an meiner vorher ausgesuchten Landeschwelle angelangt, nahm ich das Gas weg und schon hatte ich Bodenkontakt. Mit einigen großen Sätzen und starkem Rumpeln kam die Cub ohne zu bremsen nach etwa 130m zum Stehen.
Wieder war das Zelt schnell errichtet, und es waren dank des recht guten Windes auch keine bissigen „Kampfflieger“ vorhanden.
Aber nichts ist umsonst. Gegen Mitternacht brieste der Wind so stark auf, daß ich mein Zelt umstellen und sturmfest verankern musste, zudem kroch der feine Staub in meine Kameraausrüstung. So sind nun mal die Freuden freien Buschfliegerei!
Selbst am nächsten Morgen herrschte noch ein gutes Lüftchen quer über den Fluss und somit auch zur Startbahn. Meine jetzt am Boden ausgemachte glatte, aber sehr schmale Startgerade führte zwischen Steinen und Schwemmholz hindurch, linker Hand abgegrenzt durch einen langen Streifen aus Weidengebüsch. Um diese „Magistrale“ aus dem Cockpit über der hohen Motorhaube nicht aus den Augen zu verlieren, markierte ich mir eine gerade Linie mit Klopapierstreifen, die lustig im Wind flatterten.
Und ich war gerade mit den Rädern vom Boden weg, als mich schon ein Windwirbel erfaßte und in die Büsche drücken wollte. Eine energische Korrektur mit den Rudern brachte mich aber wieder auf Kurs.
Ich wollte nach Ft. Good Hope durch die Ramparts, um mir diesen natürlichen, malerischen riesigen Kanal des McKenzies anzusehen. Diese Ramparts sind ein 8 mls langer und ca. 40-80 Meter tiefer Kanal, den sich der Fluß senkrecht in das weiche weit und breit flache Gestein gefressen hat. Mit der von fernen Buschfeuern rauchgeschwängerten braunen Luft flog ich unterhalb der Kanalkrone, wie in einer unwirklichen fast drohenden Welt.
Der starke Wind auf der Nase hinter Ft. Good Hope machte meinen Plan zunichte, von hier weiter nach Kugluktuk ans Eismeer zu fliegen. Mir fehlte zum sicheren Weiterflug eine Reserve von 30-40 Liter Sprit, also wieder zurück nach Norman Wells. Bei der niedrigen Geschwindigkeit der Cub musste ich bei diesen Weiten schon sehr sicher kalkulieren, um nicht im Nirgendwo aus dem Himmel zu fallen..
In Norman Wells hatte ich wieder das große Glück eine Einladung in das Cockpit eines großen Fliegers zu bekommen, diesmal einer DC-4 der Buffalo-Air. Diese Maschinen sind hier oben wirklich die Luft-LKWs, die auf jeder 3000´langen Runway operieren können und die kleinen im Nirgendwo liegenden Siedlungen aus der Luft mit dem Lebensnotwendigen und mehr versorgen.
Die Gangway war buschtypisch. Eine einfache Klappleiter und ein dicker Strick zum Festhalten. Klasse!
Und wieder aufgetankt ging die Reise jetzt ohne Umwege direkt nach Nordost, vorbei an einem auch von der Stadt her zu sehenden riesigen Buschfeuer, das gleich hinter einem Bergrücken tobte, hinein in den leicht diesigen Horizont über den schier „unendlichen“ Great Bear Lake.
Hinter dem Binnenmeer wurden die Bäume sehr spärlich oder wuchsen überhaupt nur noch in geschützten Lagen. Die Landschaft 1000´-1500´hoch war hier nur noch leicht gewellt, und es war gut zu sehen, wie das Eis in der letzten Eiszeit den Fels des kanadischen Schildes im wahrsten Sinne des Wortes platt gemacht hatte.
Mein Auffang- und „Flugplan-Locationpoint“ war die Einmündung des Kendell Rivers in den Coppermine River.
In 2000´-3000´AGL Flughöhe war der Wind, außer auf dem GPS, nicht wahrzunehmen. Als ich aber den Coppermine jetzt im Tiefflug erkundete, um wieder einen Campingplatz ausfindig zu machen, beutelten mich die zum Fluß querstehenden Turbulenzen doch recht heftig. All die schönen direkt am Flussufer liegenden Landestellen konnte ich wegen dieser starken turbulenten Böen nicht nutzen. Zu riskant! Und so flog ich geschüttelt (nicht gerührt) den Fluß weiter hinunter.
Aber wer sucht, der wird finden! Auf einer riesigen mit Blaubeersträuchern bewachsenen Fläche machte ich einige 200 Liter Fässer aus. Hier hatte jemand ein großes Landefeld im Nichts markiert. Die Landerichtung lag gut im Wind also landen.
Bei 20-30 Knoten Wind erfolgte das Aufstellen des Zeltes etwas trickreich. Eine an einer Schwinge aufgehängte Plane gab mir genug Windschatten, um darin dann mein Zelt aufzubauen.
Bei meinem abendlichen Spaziergang über die windige Einsamkeit der Tundra kam ich mir vor in die Prähistorik zurückversetzt worden zu sein.
Das Wetter hatte in der Nacht, sofern man im Land der Mitternachtssonne von Tageszeiten reden kann, zugezogen und ich hatte zudem am nächsten Morgen Besuch bekommen. Ein Dutzend Caribous standen äsend keine 200 Meter weit weg auf dem „Landefeld“
Und so flog ich dann nach langem Getrödel bei dem starken Wind die letzte halbe Stunde nach Kugluktuk immer im Tiefflug, wie ein gaukelnder Rabe, unter tiefhängenden dräuenden Wolken entlang den braunroten Cliffs und Stromschnellen des Coppermine Rivers.
Der von der See kommende Wind wurde von der Landzunge auf der Kugluktuk liegt stark verwirbelt.
Der Anflug und die Landung bei 25 Knoten Wind aus 30°-45° quer zur Landebahn waren somit schon recht fordernd.
Bis jetzt war ich acht Stunden seit Norman Wells geflogen. Und Glück muß man haben: Ohne Reservierung waren noch drei 200Liter Fässer 100LL Sprit vorhanden..
Der alte Inuit, der mir eines der Fässer für überraschend billige 250 can $ verkaufte, verabschiedete sich lächelnd und ich hatte ein Faß Benzin vor meinem „Bomber“ stehen, aber keine Pumpe! Die Dame vom Co-Op-Laden, die mir dann die einzige Benzinpumpe in dem 1200-Seelen-Dorf besorgte, sagte mir, hier im Norden sollten die Piloten schon eine eigene Pumpe mitführen.
Wie dem auch sei, ich hatte volle Tanks und noch 30 Liter in meinen kleinen Handreservekanistern und somit für mindestens 11 Stunden Flugzeit Sprit zur Verfügung.
Aber das Wetter nach Cambridge Bay, wo noch zwei für mich reservierte Fässer warteten, spielte nicht mit. Ein kräftiger “Low Level Jetstream“ von Nord-Ost Grönland zielte genau auf Kugluktuk. Auf Anruf des CARS-Mannes berichtete Cambridge Bay 40 und mehr Knoten Wind, Regen und Schneesturm und Wolken auf 100´. Aus dem Fenster des CARS-Hauses konnte man schon das ankommende schlechte Wetter sehen. Also aus mit meinem Plan, kurz nach Cambridge Bay zu fliegen und Victoria Island fliegerisch zu erforschen.. Meine Zeit war zu kurz bemessen, um solch schlechtes Wetter auszusitzen. Ein Flugplan für drei Tage mit Ottawa war schnell gemacht, und jetzt mit 30 Knoten böig 35 ging es schräg zur Bahn in den Wind, um nach knapp 100m trotz schwerer Beladung in der Luft zu sein.
War die Wolkendecke in Kugluktuk noch um die 2000´ hoch, so kam diese durch das stetig steigende Gelände in den nächste 70-80 mls auf 200-800´ herunter. Gott sei Dank waren genug kleine Flächen auf dem in der Eiszeit polierten Gelände vorhanden auf denen ich meine Cub hätte sicher landen können.
Nachdem ich den leichten Höhenrücken zum Great Bear Lake verlassen hatte, ging es bei aufklarendem leicht sonnigem Wetter in Richtung McKenzie weiter, um noch die letzte Herausforderung, eine etwa 700 km lange Tiefdruckrinne, die von Inuvik bis Norman Wells reichte, im bergigen Gelände zu meistern. Aber auch hier war ein Weg durch die Täler der kleinen Zwischenberge zu finden. Bei günstigem Rückenwind landete ich dann bei gutem Wetter nach sechs Stunden Flugzeit um 1 Uhr nachts bei flach stehender Sonne auf einer kleinen Sandbank des Mountain Rivers, direkt am McKenzie.
Mit mehr als 14 Stunden Flugzeit in zwei Tagen war ich ziemlich ausgelaugt, und es war zu verstehen, daß ich den ganzen folgenden Tag im Schlafsack verbrachte
Nach zwei erholsamen Nächten flog ich über Norman Wells weiter Richtung Ft. Simpson, um ein herrliches Camp auf einer der vielen sauberen glatten Kiesbänke des North Nahanni zu errichten, umgeben von hohen, sich gegen den blauen abendlichen Himmel scharf abhebenden Bergen, die von der tiefstehenden dunkelorangeroten Sonne beschienen wurden. Es war ein richtig romantisches Wildniscamp. Das leise Rauschen und Glucksen des Wassers lullte mich schließlich in den Schlaf.
In Ft. Simpson landete ich diesmal auf dem kleinen privaten Airstrip bei der Siedlung. Und wie immer bekommt man die interessantesten Infos im leichten Gespräch mit den Einheimischen so nebenbei. So auch hier mit den Piloten der Wolverine-Air. Der Ram Creek wurde hier hinter der Hand als der “Little Grand Canyon of the North“ bezeichnet, und dort wäre auch ein großes Plateau, das zwar rau aber mit einer Cub landebar wäre. Klar, daß ich neugierig wurde, und so waren die Koordinaten schnell erfahren.
Nach 1 ½ Stunden Flug Richtung Gebirge war ich da. Bei der späten Sonne mit ½ Bewölkung zeigte sich eine wilde Landschaft mit starkem Schlagschatten in den bis zu 1000! Meter tiefen Schluchten.
Man muß sich eine tausend Quadratkilometer große leicht wellige Fläche vorstellen, in die Riesen unregelmäßig fast kilometertiefe senkrechte Kerben geschnitten hatten, wild und zerklüftet. In dem Wirrwahr mein Plateau zu finden, war trotz GPS nicht einfach. Dieses sah von oben aus wie ein großes ausgefranstes Puzzleteil, wirklich etwas rau.
Ich brauchte etwa 15 Minuten und 10 Anflüge, um eine 300 Meter lange halbwegs brauchbare Fläche zu finden, zu der ich dann ein Landefenster bauen konnte.
Eine Kette kleiner Teiche gab mir eine gute Referenz aus der Ferne, um meinen Approach zu konfigurieren. Hier zeigte die Cub wieder einmal ihre Robustheit.
Mein Gott, was machte die Cub für einen Satz beim Aufsetzen auf dem von 20-25 cm tiefen Frostaufbrüchen aufgerauten welligen Sturzacker! Das Gepäck in ihrem Bauch schepperte fürchterlich. Ohne auch nur zu wagen, auf die Bremsen zu treten, stand ich nach knapp 70 Metern.
Meinen Flieger band ich dann an eine gedrungene kleine vom Sturm arg gebeutelte Tanne und wanderte dann in den folgenden 1 ½ Tagen über dieses ca. 15 km² große Plateau. Ich blickte in die 1000 Meter tiefen senkrechten Schluchten, beobachtet von Erdhörnchen und Schneeschafen, um immer wieder die Zeichen der Anwesenheit der Berggrizzlys zu finden.
Am zweiten Abend kam eine Gewitterfront auf, deren Zellen mich aber nur streiften. Anschließend war ich von der nachfolgenden Schlechtwetterfront so eingenebelt, daß ich mich bei Sichten unter 30 Metern nicht zum 150 Meter entfernten Wasserloch traute, um Wasser zu holen.
Da mein Flugplan auslief, hatte ich über mein Satellitentelefon (meine geheime Rückversicherung) mit FSS Yellowknife eine Verlängerung für weitere zwei Tage vereinbart.
Nur hatte ich noch ein anderes kleines Problem: Ich wollte ja irgendwann einmal wieder starten. Auf 4000´Höhe brauchte ich aber 40% mehr Runway, und ich hatte etwa 15-20% weniger Power gemessen an Meereshöhe. Hinzu kam noch der wellige Sturzacker. Bei meiner Kalkulation und der schwerbeladenen Cub kam ich auf eine 300-350 Meter lange Take-Off-Distanz. Ich hatte leichten Seitenwind und anschließend nach meiner „glatten“ Fläche leicht abfallendes, offenes, wenn auch jetzt extrem aufgerautes Gelände. Aber so hatte ich bis zur Schlucht 1000 Meter zumindest fastbaumloses freies Gelände vor mir. Da die Startfläche zudem konvex und das Ende somit nicht einsehbar war, kam die Toilettenpapiermarkierung wieder zur Anwendung, um nicht links in den Teichen zu landen, oder rechts das Bäumchen mitzunehmen.
Meine Kalkulation ging, auf und in knapp 300 Metern extrem rauen riesigen Take-Off-Sprüngen, anders kann man es nicht nennen, war ich airborne, um mich dann mit einem befreiten Jauchzer, wie ein freier Rabe in die Schluchten zu stürzen und an den steilen Wänden entlang zu segeln. In die tiefen Täler hinein, umkehren und mit offenem Mund die schroffen, aber auch z.T. lieblichen Hänge zu bewundern.
So flog ich langsam nach Süden, um dann dem South Nahanni flußauf zu folgen. Meine Reiseroute sollte wieder über Faro und Dawson zurück nach Fairbanks führen.
Waren bisher die Wolkenbasen auf 6000´-7000´, so gingen diese im bis zu 9000´ hohem Gebirge auf 5000´ herunter. Eine schiefergraue Talscenerie mit wahrscheinlich bodenaufliegenden Wolken Richtung Tungsten sah nicht sehr einladend aus.
GPS hin, GPS her, wenn man im Gebirge mit aufliegenden Wolken nach dem rechten Durchflug sucht, ist dieses auch nicht viel mehr als ein anderer, wenn auch besserer Kompaß, und die gute alte Koppelnavigation mit Karte und Uhr kommt wieder zur Anwendung, zuzüglich einer gehörigen Portion Mißtrauen vor dem „hinter der Ecke“. So auch hier, ich übersah ein kleines unscheinbares Tal, mein Tal nach Watson Lake und flog in ein düsteres, immer steileres, enges wolkenverhangeneres Tal ein. Also 180° kehrt, und so flog ich nun in „mein“ kleines auch tiefverhangenes Tal ein, vorsichtig um die nächste Ecke schmulend, und da war in der kilometerweiten Ferne gelbes Sonnenlicht zu sehen. So kam ich nach weiteren 1 ½ Stunden, 90° von meinem eigentlichen Kurs abweichend, bei bestem Wetter in Watson Lake an. Für mich ziemlich spannend, aber der der Alaskaner hätte “this was a piece of cake“ gesagt.
Watson Lake war wieder einer der alten “Land and Lease“ Flughäfen aus dem Krieg mit einem riesigen alten Flugzeughangar. Über solche Flugfelder die von Südwest-Kanada bis zur Beringstraße kettengleich liegen, wurden im 2.Weltkrieg Flugzeuge von den USA für die Ostfront in Europa an die Russen geliefert
Der Flug zurück über Tesslin, Whitehorse, Northway nach Fairbanks war dann nur noch Routine.
Nach 19 Tagen und 50 Stunden Fliegen, Übernachten nur im Zelt in verschiedenen Klimazonen, fühlte sich die erste Nacht in einem Bett richtig luxuriös an.
Abschließend möchte ich noch hervorheben, daß diese Art von Buschfliegerei, sich treiben zulassen, den Weg als Ziel zu sehen, immer dem Horizont wie ein wandernder Rabe hinterher zufliegen, mit vielen Unbekannten behaftet ist. Der Pilot ist da draußen selbst in der heutigen elektronischen sattelitenverhangenen Welt ganz auf sich allein gestellt. Und man braucht eine gehörige Portion Mißtrauen und auch lebenserhaltende Angst um die nur bedingt zu kalkulierenden Risiken dieser Art von Fliegerei zu minimieren.
Wie mir unter anderen Piloten, ein sehr frequentierter Jagdführer ein Mal erzählte, „zerbrettert“ er, wie er sich auch dreht und wendet, in regelmäßigen Abständen von drei Jahren oder 1000 Stunden immer eine Cub. Aber es ist schon verwunderlich und spricht für die Qualität der Piloten, daß trotz des sehr hohen „Blechschadens“ in jedem Jahr, nur wenig „fatalities" zu beklagen sind.

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