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Flying the Arctic
Von Alaska nach Neufundland
Wintergeschichten (in Vorbereitung)

Alle DVDs werden mit der Zeit auch in Englisch angeboten.
Bitte Nachfragen.

Eine Rettungsaktion im alaskanischen Busch

61gls Treibstoff in den Tragflächentanks und ein 6 gls Reservekanister auf dem Rücksitz meiner Cub würden für ca. 8-11 Stunden Flugzeit und max. 820 mls reichen. Ausgerüstet mit Outdoorutensilien startete ich Mitte August von Circle/Alaska gen Norden, um einen Freund in seinem Jagdcamp in den südlichen Ausläufern der Brooksrange am Sheenjik River zu besuchen. Ein paar Tage zuvor hatten die Amerikaner die Uhren ihrer GPS Satelliten neu eingestellt, und damit war mein Garmin GPS in Folge von Softwareproblemen, die für mich vor Ort unlösbar waren, nicht einsatzfähig.

Also flog ich wieder wie in alten Zeiten mit Schnapskompass, Uhr und Landkarte auf dem Knie Koppelnavigation. Nach drei Stunden Flug über einer unberührten Wildnis kam ich an dem Seitenarm des Sheenjik Rivers an. Ich konnte aber das gut versteckte Camp nicht finden. Die Wolken hingen tief in den Bergen, so daß ich in 10-20m Höhe mit dem Kopf in den Wolken und den Füßen auf dem Boden in den Tälern suchend herumkurvte. Auch wenn ich mit teilgesetzten Klappen mit 55-60 mls /Std langsam flog, war mir doch verdammt mulmig. So verzichtete ich schnell auf das Treffen und flog wieder zum Sheenjik. Ich plante diesen weiter südlich in Richtung Osten zum Colleen River zu verlassen.

Sightflying puddelte ich mit gemütlichen 80 mls/Std den Fluß runter. Da sah ich ein Kanu mit zwei Personen unter mir. Die hintere Person fiel vor Winken fast aus dem Boot. Weiß der Kuckuck was diese Bootstouristen wollten. Aber ich flog trotzdem eine Umkehrkurve, um zu sehen, ob es etwas ernsthaftes sein könnte. Wir waren hier immerhin fast 1 ½ Flugstunden oder gut 200km von der nächsten Ansiedlung entfernt.

Aus 5 m Höhe und 20m Abstand sah ich, daß die hintere Person mit beiden Armen um Hilfe winkte und aufgeregt auf die apathisch im Bug sitzende zeigte. Also landen und sehen was los ist, aber wo? Der Fluß führte Hochwasser. Einige Flugminuten und Flußwindungen abwärts war eine Geröllbank mit faust- bis flussballgroßen Steinen. Die paar noch größeren vereinzelten Steine waren aber kein Problem. Dazwischen konnte ich eine freie Landestrecke ausmachen. Die grobe Windrichtung holte ich mir von den etwas im Hinterland liegenden Teichen. Die Länge von ca.120m wurde mit Hilfe der Stoppuhr und Überfliegen mit konstanter Geschwindigkeit in beiden Richtungen ermittelt. 30° Klappen, Gas weg, Trimmen und mit leichten Gasschüben wurden kleine Korrekturen gemacht. Etwa 100m vor dem Aufsetzen setzte ich 50° Klappen, durch einen kleinen Gasstoß drückte ich das Leitwerk runter, somit erhielt ich einen erhöhten Anstellwinkel und wurde noch etwas langsamer und schon rumpelte es mächtig. Die groben Steine verzögerten die Maschine so stark, so daß ich meine Bremsen nur mäßig einzusetzen brauchte.

Was für mich nur ein paar Minuten dauerte, war durch die Flussmäander für die Kanuten fünfundvierzig Minuten . Es waren ein Mann und eine Frau. Der Mann hatte eine schwere Hodenentzündung mit hohem Fieber. Ich verfrachtete ihn also auf den Rücksitz, und in 1 ½ Stunden waren wir in Ft. Yukon.

Das Schicksal meinte es gut mit ihm. Kurz vor unserer Ankunft landete „Frontier Air Service“, die Linienmaschine von Fairbanks, per Funk bat ich den Piloten zu warten. So etwas war hier oben in einem Notfall kein Problem. Mein Passagier kam so nach weiteren 1 ½ Stunden in Fairbanks in ärztliche Versorgung.

Was sollte ich aber jetzt mit Anne, der jungen Frau, machen? Ohne Waffen und 10 Tage Bootsfahrt bis Ft. Yukon dürfte es auch hier früher oder später zu einem Notfall kommen. Ich hatte dem Mann vor seinem Abflug versprochen, ihr meine Hilfe anzubieten.
Als ich nach nunmehr fast vier Stunden zu der Geröllbank zurückkam, war diese nur noch knappe 80m lang. Zu kurz, um 100%ig sicher zu landen. Der Fluß war in der Zwischenzeit weiter gestiegen. Gott sei Dank waren An- und Abflugpfad über offenem Wasser, also unversperrt. Ich nutzte das Wasser als verlängerte Landebahn, um ein eventuelles Überschießen der Geröllfläche zu verhindern. „With the same procedure as before“ setzte ich die Maschine mit 41 mls/Std etwa 10m kurz in das Wasser. Mann, hat das gespritzt! Alle Klappen raus, um Lift zu vernichten, und voll auf die Bremsen, so daß das Leitwerk etwas hoch kam. So war die Landebahn dann lang genug. Die Ballonreifen haben gute Wasserski abgegeben und mit ihren weniger als ½ bar Druck alle Unebenheiten geschluckt. Das eigentliche Rumpeln kam von dem hart gefederten Spornrad.

Mir war klar, daß ich Anne mit ihrer Ausrüstung von hier nicht mehr ausfliegen konnte und diese Geröllbahn über Nacht mit Sicherheit verschwunden sein würde. Etwas flußaufwärts bestand aber die Möglichkeit, eine Startbahn zu schaffen. So saßen wir spätabends bei glasklarem Sternenhimmel am Lagerfeuer und bewunderten die tanzenden Polarlichter.
Am nächsten Tag machten wir uns rechtzeitig an die Arbeit. Ich hackte die Weidensträucher auf dem weichen sandigen Flußufer ab und Anne räumte sie weg. So schafften wir eine einmalige Startmöglichkeit mit 20 m Vorlauf, gefolgt von der 60m langen Hauptbahn, die im Winkel von 15-20° nach links abbog. Im Knick war eine von uns zum Teil mit Sand ausgeglichener kleiner Wasserlauf. Alles wurde mit Toilettenpapier markiert, besonders das Ende der Bahn und der „Point of Rotation“.

Mein Plan war, im ersten Teil auf etwa 20mls/Std zu beschleunigen. Nicht zu schnell, um nicht auf dem etwas abschüssigen Ufer in der Kurve einen Ringelpietz ins Wasser zu riskieren, aber doch schnell genug, daß der große flache Propeller schon den richtigen „Biß“ hatte, um auf der folgenden längeren Gerade sicher beschleunigen zu können. Weiter flußabwärts wollte ich dann eine größere, sicherere Operationsfläche suchen, von der ich dann Anne rauszufliegen konnte. Diese sollte in der Zwischenzeit bis zu diesem Punkt den Fluß runterpaddeln.
Ich hatte mir alles noch einmal zurechtgelegt, den Motor fünf Minuten lang warmlaufen lassen und nach vorgegebenem Plan gestartet. Ohne Klappen, um möglichst wenig Luftwiderstand zu haben, und gestoßenem Knüppel gab ich soviel Gas, daß die Maschine wie geplant beschleunigte. Als der Knick kam, trat ich etwas ins linke Ruder, damit ich die Kurve bekam, und gab dann Vollgas, so daß jetzt das Leitwerk richtig hochkam. Ich konnte so besser die Startbahn über der Motorhaube sehen. Als der Rotationspunkt kam, legte ich volle Klappen ein und zog gleichzeitig den Knüppel an, und schon war ich in der Luft. Die Klappen nahm ich jetzt langsam auf 15° zurück und erreichte so ohne Probleme eine sichere Steiggeschwindigkeit.
Obwohl ich den Fluß eine ganze Strecke abwärts flog, konnte ich außer einer Insel, die für Anne in erreichbarer Entfernung lag, nichts Brauchbares finden. Der Fluß war zu hoch gestiegen. Die Insel war ca. 300m x 600m groß und mit einzelnen Bäumen und vielen Weidenbüschen bewachsen. In der oberen Mitte dieser Insel waren einige freie Stellen, und es erschien mir machbar, einigermaßen sicher zu landen. Wie aber die Ideallinie des Anflugs finden? Aus der Entfernung im Landeanflug waren die in Frage kommenden Stellen in dem Buschgewirr kaum festzustellen. War man aber einmal dran und konnte sehen, wo man sich befand, dann war man zu hoch, zu schnell und somit zu spät. Es hieß also Markerbäume und Büsche etwa 200-400m vor der „Landeschwelle“ zu finden.

Nach ca. 14 Anflügen hatte ich mir ein Landefenster zurechtgestrickt. So setzte ich mit dem letzten Anflug zur Landung an. Ich hatte auf der ausgewählten etwa 100 m freien Strecke 5-6 kleine Büsche.... dachte ich.

Ich nahm aus 400-500m Entfernung den Markerbaum ins Visier, setzte wieder 15° Klappen, dann 30° und korrigierte den Gleitwinkel mit etwas Motorunterstützung. So kam ich wie vorgesehen auf dem richtigen Gleitpfad mit der rechten Schwingenspitze auf 5-10 m an dem Baumwipfel des Markerbaumes vorbei, setzte volle Klappen und sah wenig später meine Landeschwelle, nur dieses Mal tiefer.

Als die großen Reifen den Boden berührten, sah ich zu meinem Schrecken, daß die Büsche nicht max. 1m hoch, sondern hüft- bis über mannshoch waren. Der erste hohe Busch tauchte direkt vor und über der Motorhaube auf und verschwand sofort wieder. Im folgenden Moment kam das Leitwerk hoch. Ein energischer Ruck am Knüppel und ein Lockern der Bremsen sorgten dafür, daß die Nase wieder gen Himmel zeigte, dann wieder ein Tritt auf die Bremsen, und ich stand nach 70m.

Die Ruten des großen Weidenbusches waren vom Landegestell zu den Achsen abgeglitten und hatten sich um diese wie Peitschen gewunden, um dann doch noch abzurutschen. Achsen und Spornrad waren mit Blättern voll dekoriert. Ich möchte nicht sagen, daß ich mir in die berühmten Hosen gemacht hatte, aber zittrige Knie hatte ich beim Aussteigen doch.
Muskelschmalz und meine Axt sorgten innerhalb von 3 ½ Stunden dafür, daß eine 140m lange und 3-4m breite, grobe, aber recht brauchbare „Rollbahn“ entstand, wenn auch mit bis zu 30cm hohen Buckeln bzw. tiefen Dellen. Aber es war doch eine recht sichere Start- und Landemöglichkeit mit einem offenen Abflugraum. Diese Bahn hatte ich wieder nach alter Manier mit Klopapier dekoriert. Der jetzt folgende Probestart und die Probelandung, auch um zu sehen wo Anne war, zeigten wieder einmal die Qualität des robusten Landegestells der Cub in Verbindung mit großen Niederdruckreifen.

Die Maschine schwankte bedenklich mit den Schwingen um die Längsachse hin und her. Nachdem diese aber Lift entwickelten, wurde daraus nur noch ein leichtes Hopsen. Bei gestoßener Pinne war das Spornrad, die Ursache des größten Rollwiderstandes, sowieso spätestens nach 3m vom Boden weg und die Maschine beschleunigte so schnell, daß ich trotz grobem Untergrundes und Seitenwindes nach 80m sicher in der Luft war. Anne war nur eine Flußbiegung von der Insel entfernt und erreichte diese, vom Paddeln gegen Wind etwas außer Puste, 15 Minuten später.

Das errechnete Gewicht, daß ich zu transportieren hatte, sagte mir, daß ich zweimal fliegen mußte. Also flog ich zuerst mit der „lebenden Fracht“ nach Ft.Yukon. Dort lud ich alles, auch meine Sachen aus und tankte nur soviel Benzin wie nötig nach, um so leicht wie möglich zu sein und damit so viel wie möglich zuladen zu können.

Hatte beim Start von der Insel mit Anne ein leichter Frontseitenwind für einen kurzen Start gesorgt, so drehte dieser jetzt bei dem letzten Start mit all dem Gepäck von Anne genau beim Take-Off-Roll, verwirbelt durch einen Höhenrücken, leicht nach hinten. Trotz der Länge von 140m brauchte ich die gesamte Länge der Bahn, um die Cub in die Luft zu zwingen. Obwohl ich noch im Grundeffekt in den Wind kurvte, brauchte ich bei 15° Klappen weitere 100m, um dann mit 65 mls sicher zu steigen. Buschfliegerei ist immer „tricky“ und mit Überraschungen versehen.
Meine Berechnung der Spritmenge war genau richtig. Mit 20 Hg Ladedruck und 2100 RPM und einem angezeigten Spritverbrauch von 5.7 gls/Std, erreichte ich Ft. Youkon nach einer weiteren Stunde und 20 Minuten und hatte dennoch die legale Reserve von 40 min Restflugzeit in den Tanks. Für dieses Land mit seinen großen Entfernungen ist das etwas wenig, aber unter den gegebenen Umständen vertretbar.

Glücklich, wenn auch geschafft und mit Tränen in den Augen verabschiedete sich Anne von mir, um nach Fairbanks weiterzufliegen. So flog ich dann zurück nach Circle.
Diese Rettungsaktion zeigte mir wieder die Robustheit und Einsatzmöglichkeit meiner Cub. Die Modifikationen mit den ½ bar Ballonreifen, dem 180 PS Motor und mit 2,4m überlangen Klappen zuzüglich vieler anderer kleinen aber sehr nützlichen Änderungen gaben mir ein sehr sichere Handhabung bei meinen „Off-Airport“ Aktivitäten.

Eine Woche später erfuhr ich, daß ihr Freund im Krankenhaus in Fairbanks eine Spritze und eine Handvoll Tabletten bekommen hatte und als auf dem Wege der Besserung entlassen worden war.

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